Es ist schon erstaunlich, wie viele Schicksalsschläge in einen einzigen Film passen. Hier hat unter der Fantasie des Drehbuchautors und Regisseurs Julio Medem in erster Linie (aber nicht nur) die von Penélope Cruz resolut verkörperte Hauptfigur Magda zu leiden.
Zuerst wird bei ihr Brustkrebs diagnostiziert, der jedoch durch die Abnahme einer Brust eingedämmt werden kann. Parallel dazu wird die zwischendurch arbeitslos gewordene Lehrerin von ihrem Mann für eine seiner Studentinnen verlassen. Nun ist sie die allein erziehende Mutter eines kleinen fußballverrückten Jungen. Dass dieser durchaus über Talent verfügt, bescheinigt ihr der für den spanischen Top-Verein Real Madrid tätige Talentscout Arturo (Luis Tosar). Als die beiden das erste Mal auf einer Zuschauertribüne aufeinander treffen, erhält Arturo jedoch gerade die Nachricht, dass seine Frau und seine Tochter bei einem Autounfall schwer verunglückt sind. Magda begleitet Arturo in das Krankenhaus, in dem sie selbst ihre Strahlentherapie bekommt und wo Arturos Frau nun im Koma liegt, während seine Tochter bereits verstorben ist. Die beiden begegnen sich auf den Fluren des Hospitals bald öfter und nach dem Ableben von Arturos Ehefrau ist der Weg für sie frei, endlich ein Paar zu werden. Doch man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass das Schicksal damit noch lange nicht genug hat, sondern weiter durch Magdas Leben wütet.
Es ist vielleicht ein wenig unfair, hier nur eine Häufung übler Schicksalsschläge aufzuzählen, doch ihre Vielzahl stellt letztendlich das Problem dieses Melodrams dar. Zwar können all diese Unglücke dem Zuschauer relativ glaubwürdig vermittelt werden, trotz allem bleiben dem Film verständlicherweise nie die Zeit und die Muße, sich dem komplexen Innenleben der einzelnen Figuren ausführlich zu widmen. Dass Arturo seine Ehefrau und seine Tochter direkt hintereinander verliert, wird dabei schnell zur Nebensache und scheint in dessen Leben keine tieferen Spuren zu hinterlassen, denn er hat ja nun Magda stattdessen. In diesen Vernachlässigungen der Psyche seiner Figuren dekonstruiert Drehbuchautor und Regisseur Medem ein stückweit sein eigenes Werk. Als Regisseur versucht er dafür durch immer wieder ins Poetisch-Traumhafte abdriftende Szenen und eine entsprechende Bildsprache, seinem Drama die Schwere zu nehmen, was ihm auch erstaunlich gut gelingt. Dazu entscheidend bei trägt Hauptdarstellerin Penélope Cruz, die durch ihr energiegeladenes Spiel die vom Schicksal so schwer gebeutelte Magda mit ungeheurer Kraft und Lebensmut ausstattet. Sie bewahrt als starke Frau, Mutter, Liebhaberin und letztendlich als die titelgebende Schöpferin den Film davor, unter seiner inhaltlichen Schwere in die Knie zu gehen. Ein eleganter erzählerischer Kniff am Ende verleiht dieser dramaturgisch nicht immer runden und in ihren Einfällen auch nicht sonderlich originellen, doch schauspielerisch dafür jederzeit erstklassigen spanisch-französischen Koproduktion eine angenehme emotionale Beschwingtheit, der man sich als Zuschauer nicht so leicht entziehen kann.
Ma Ma – Der Ursprung der Liebe
Länge: 123 Minuten
Regie: Julio Medem
DarstellerInnen: Penelope Cruz, Luis Tosar, Alex Brendemühl
Kinostart: 1. Juli 2016