Der Berliner Regisseur Andreas Wilcke liefert mit seiner Dokumentation “Stadt als Beute“ Einblicke in die Welt der Berliner Immobiliengeschäfte. Gentrifizierung hautnah. Der Film hatte seine Uraufführung beim Max-Ophüls-Preis-Festival im Januar und feiert am 1. September im Freiluftkino Kreuzberg seinen offiziellen Kinostart.
Mein erster Gedanke: Ich kotze. Dieses Gefühl verfolgt mich ununterbrochen, während ich vor Andreas Wilckes Dokumentation "Stadt als Beute" sitze. Wie man anhand des Titels bereits erahnen kann, geht es um die Gentrifizierung Berlins. Laut Wilcke entstand dieser Film »aus einer Mischung aus Melancholie und Wut heraus«. Vier Jahre lang war der Regisseur mit Kamera und Stativ auf der Suche nach dem Kern der Geschichte. Dabei stieß er auf die neoliberale Wirklichkeit, welche es Immobilienfirmen erlaubt, Berliner Kieze – mit freundlicher Unterstützung des Ex-OB's Wowereit ("Is halt so, kann man nichts machen") und des Ex-Bausenators und heutigem 1. Bürgermeister Michael Müller ("Gibt ja Angebote wie Umzugshilfe") – in Claims einzuteilen, um die dortigen Immobilien, mit einer über Jahrzehnte gewachsenen Mieterschaft, mit Luxusmodernisierungen für eine solvente Käuferschaft interessant zu machen. Ohne Rücksicht auf Verluste.
»Erst wenn die letzte Eigentumswohnung gebaut, der letzte Klub abgerissen, der letzte Freiraum zerstört ist, werdet ihr feststellen, dass der Prenzlauer Berg die Kleinstadt geworden ist, aus der ihr mal geflohen seid.«
Auf der Skala der unbeliebtesten Berufsstände rangiert aus Berliner Sicht der Immobilienmakler mit aller Sicherheit noch weit vor dem Banker. Die schöne neue Welt, die fette alte Menschen und junge Schnösel mit Padde aus der Start-up Investorenspritze über Berlin herfallen lässt, macht beim Zuschauen einfach nur wütend. Früher war alles besser, ist natürlich albern, aber zumindest war Berlin in den 1990er noch dreckig genug um den Geldadel auf Abstand zu halten. Leider vergeblich wie uns diese eindrucksvolle, wenn auch zutiefst frustrierende Dokumentation zeigt. Armes Berlin. Wir vermissen dich!
1.09. im Freiluftkino Kreuzberg. Ab 8.09. in 13 Berliner Kinos
Stadt als Beute
Regie, Kamera, Produktion: Andreas Wilcke
Schnitt: Steffen Bartneck, Martin Czinczoll, Jan Liedtke
dramaturgische Beratung: Tilmann Künzel, Maria Wischnewski
Tonschnitt/ Tonmischung: Gerald Mandl
Musik: Rudolf Moser (Einstürzende Neubauten)
Co-Produktion: It works! / welt/film